Die Georgskirche

Georgskirche 1905

Im letzten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts veranlassten die Herren von Plieningen den Bau der St. Georgskirche anstelle einer vorherigen Kapelle. Sie wurde im spätgotischen Baustil errichtet. Das hierfür typische Kreuzrippengewölbe ist im Chor erhalten geblieben. Der Kirchturm mit seinem für das bayrische Oberschwaben typischen Staffelgiebel ist in unserer Gegend kaum anzutreffen. Sehr wahrscheinlich drückte mit dieser Architektur einer der Stifter - Dietrich von Plieningen der Jüngere, ein humanistisch gebildeter Literat und Jurist - seine starke Bindung zum bayerischen Schwaben aus. Er war dort zeitweise im Dienst und besaß in Eisenhofen bei Freising einen zweiten Adelssitz. Im Jahr 1500 wurde die Kirche durch den Geistlichen Johannes von Plieningen dem Heiligen Georg geweiht.
Die Stifterfamilie war gelehrt und wohlhabend und legte bei der Innenausstattung besonderen Wert auf erlesene künstlerische Qualität. Der Chor der Georgskirche ist ein Gesamtkunstwerk der Zeit um und nach 1500 von seltener stil- und geistesgeschichtlicher Einheit.

Die Glasgemälde

Die Sakralscheiben "Kreuzigung Christi" und "Anna Selbtritt" im Südostfenster des Chores der Georgskirche

Acht wertvolle Glasgemälde zierten einst die drei gotischen Fenster im Chorraum. Es handelt sich um Stifter- und Sakralscheiben, die in der Zeit um 1500 von der Familie von-Plieningen in Auftrag gegeben und in der Kunstwerkstatt Kamberger in Heidelberger gefertigt wurden.

 

Völlig unter Wert wurden sie allesamt 1838 verkauft. Das Schicksal der Kunstwerke war unbekannt geblieben bis Ende des 20. Jahrhunderts fünf  von ihnen durch das Institut für Kunstgeschichte in Stuttgart wiederentdeckt wurden. Im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg fand man zwei Stifterscheiben und auf Schloss Lichtenstein drei weitere Scheiben sakralen Inhalts.

 

Die Wiedergewinnung der Glasbilder in Form von Kopien war aufgrund des Entgegenkommens der Museen, der Spendenbereitschaft der Kleinbottwarer, der Familie Graf Adelmann und des großen Engagements von Pfarrer Gottfried Uber möglich. So konnten 1992/93 die Originalscheiben in der Werkstatt der Firma Valentin Saile kopiert und wieder eingesetzt werden.

 

Dieses Ereignis gab Anlass zur Herausgabe der Schrift: "Die Glasgemälde von Kleinbottwar" worin sich der Historiker Markus Otto intensiv mit dem Bilderzyklus auseinandersetzt. Man erfährt darin, dass die Kleinbottwarer Scheiben zu den technisch differenziertesten Arbeiten der Zeit um 1500 zu rechnen sind, dass sie vorwiegend in Grisaillemalerei innerhalb einer spätgotischen Umrahmung vor damasziertem Grund gefertigt wurden. Nach Markus Ottos Auffassung waren zur Kirchenweihe alle acht Scheiben in den drei Fenstern des Chorraumes eingesetzt, vier Stifterscheiben im linken und rechten Chorfenster und vier Sakralscheiben in der Mitte. Unter den verloren gegangenen Scheiben befand sich wahrscheinlich eine Stifterscheibe des Eitelhans mit Gattin Eleonore von Waldenburg.

 

Ob eventuell einige von ihnen in die Fenster der Nordwand versetzt wurden, weil später der Hochaltar mit geöffneten Flügeln die Buntglasscheiben zum Teil verdeckte, kann nicht mehr nachgewiesen werden. Der Altar war zur damaligen Zeit öfter geschlossen als heute und gab somit den Blick auf die Glasgemälde teilweise frei. Grundsätzlich ging es bei Sakralkunst mehr um ihr Vorhandensein im Sakralraum als um deren (für die Menschen) Sichtbarsein.

Dr. Dietrich von Plieningen mit seiner Frau Anna von Memmerswiler

Diese Stifterscheibe war zweifelsfrei von Anfang an im Chorraum der Kirche. Als sie im Nürnberger Museum wiedergefunden wurde, war die ursprüngliche Unterschrift zum Teil noch erhalten: "Dietrich von Plieningen Doktor der Rechte und Ritter, Reichskammergerichtsbesitzer und seine legitime Gattin Anna von Memmerswiler haben dieses Fenster zu Ehren Gottes und der Heiligen machen lassen im Jahre des Herrn 1499."

Die Kopie des Gemäldes befindet sich heute im Nordostfenster, wo sie höchstwahrscheinlich auch ursprünglich war.

Heiliger Theodor und Heilige Margarete

Die Kopie dieses Glasgemäldes befindet sich heute zusammen mit den zwei anderen Sakralscheiben im Südostfenster des Chores.

 

Die beiden Heiligen stehen als Namenspatrone für je zwei Familienmitglieder. Theodor für Dietrich den Älteren und Dr. Dietrich den Jüngeren. Der Heilige Theodor war ein hochgebildeter griechischer Mönch und vollendete im 7. Jahrhundert die kirchliche Organisation Englands. Margarete steht sowohl für die Mutter als auch für die Schwester von Dr. Dietrich dem Jüngeren.

Johannes von Plieningen

Nach Markus Otto und einigen anderen Kunsthistorikern zeigt dieses Gemälde Johannes von Plieningen mit seinem Mündel Eustachius von Westernach. M.Otto schreibt: "Da Dr. Johannes als Geistlicher infolge guter Beziehungen zu potentiellen kirchlichen Geldgebern als Hauptstifter der Scheiben zu gelten hat, besteht kaum ein Zweifel darüber, dass seine Stifterscheibe neben derjenigen Dietrichs ihren Platz im Nordostfenster gehabt hat, wo sie auch heute wieder als Kopie zu sehen ist".

Nach neuesten Erkenntnissen von Prof. Dr. Dollinger handelt es sich um eine Epitaphscheibe, die erst nach dem Tod von Johannes 1506 von seinem illegitimen Sohn Hans Leinberger entworfen wurde und Johannes von Plieningen zusammen mit Hans Leinberger darstellt.

Der Taufstein

Der Taufstein trägt die Jahreszahl 1500, stammt demnach aus der Stifterzeit und ist mit dem Wappen derer von Plieningen versehen. Im Zuge der Innenrenovierung 1998 hat der Kirchengemeinderat die Entscheidung getroffen, den Taufstein vom Chorraum auf die rechte Kirchenschiffseite zu stellen. Der Hauptgrund hierfür war der immer wieder beklagte Platzmangel z.B. bei Konfirmationen, Choraufführungen und ähnlichen Anlässen. Dazu kam, dass Gottesdienstbesucher auf der Kanzelseite die Taufhandlung optisch nicht mit verfolgen konnten, dafür stand der Taufstein zu weit auf der Chorraumseite.

Das Kruzifix

 

Das Kruzifix an der Nordwand ist eine Schnitzarbeit aus der Zeit um 1500. Es hing wahrscheinlich zu Beginn im Bogen und trennte Schiff und Chor.

 

Nach neuesten Erkenntnissen könnte es sich auch hier um ein Werk von Hans Leinberger handeln.

 

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Die Steinepitaphe

Steinepitaph der Familie von-Plieningen

Einige Steinepitaphe zieren den Innenraum der Georgskirche. Die beiden Stifterepitaphe um 1525 an der linken Chorseite stammen von dem Bildhauer Michel Lang, genannt Viktorin, aus Heilbronn. Nachweislich hat er sich während des Bauernkrieges einige Zeit auf Burg Schaubeck aufgehalten. Auffallend sind die Blickkontakte der Personen auf den Sandstein-Reliefs mit den Personen des Altars.

 

Die obere Steintafel zeigt (von rechts) Dietrich den Älteren und seine zwei Frauen, seine Tochter Margarete, seine Söhne Johannes, Dietrich mit seiner ersten Frau und Eberhard mit seiner Frau.

Die untere Steintafel zeigt Eitelhans von Plieningen mit seiner zahlreichen Familie. 

Eitelhans von Plieningen mit Familie

Im Chor neben dem Altar fällt ein großes Wandgrabmal von zwei Plieninger-Brüdern in Rüstung aus den Jahren 1595/97 auf, ebenso wie ein Wandgrabmal an der Schiff-Südwand von Dietrich und Sybille von Plieningen. Beide sind Werke des berühmten Bildhauers Jeremias Schwartz aus Leonberg.

Im Laufe der Zeit wurden weitere Grabmale gestaltet und angebracht, teilweise auch solche, die als Abdeckplatten der Gräber im Schiff dienten oder früher an der Außenwand zum Kirchhof waren.

 

Die Kanzel ist ein wunderbares Steinmetzwerk, bedeckt mit sogenanntem Rollwerk aus nachreformatorischer Zeit. Über dem Eingang zur Kanzel findet sich die Jahreszahl 1617. Sie wurde von Melchior Gockheler gefertigt.

Die Glocken

1942, als zwei Glocken zu Kriegszwecken abgehängt wurden, wollten die beauftragten auswärtigen Arbeiter die beiden Glocken noch vor der Kirche zusammenschlagen, um sie besser abtransportieren zu können. Pfr. Aldinger konnte dies durch seinen Einsatz verhindern. Nur wenn sie ganz blieben, sah er die Hoffnung, die Glocken einmal wieder zu bekommen.
Diese Hoffnung erfüllte sich nicht. Aber 1953 gab es zwei neue Glocken, wobei die einzigste noch verbliebene Glocke wegen tonlicher Mängel in den Umguss gegeben wurde. Zwei weitere neue Glocken kamen 1965 und 1971 hinzu.

Seitdem läuten vier Glocken auf dem Turm der Georgskirche:

Die Große: Inschrift „GOTT RUFET NOCH“, Ton gis’, gegossen 1965 bei Bachert in Kochendorf, 518 kg, Durchmesser 100 cm.
Sie läutet morgens um 6 Uhr, abends um 19 Uhr oder 19.30 Uhr als Betglocke sowie zum Vaterunser,

Die Mittlere: Inschrift „GEDENKET DER LEHRER, DIE EUCH DAS WORT GOTTES GESAGT HABEN“ und „PFARRER DR. PAUL ALDINGER ZUM GEDÄCHTNIS“, Ton h’, gegossen 1953 bei Kurtz in Stuttgart, 325 kg, Durchmesser 81,7 cm.
Sie läutet um 11 Uhr sowie um 15 Uhr (bzw. sommers um 16 Uhr) zum Gedächtnis des Todes Jesu.

Die Kleine: Inschrift „VERLEIH UNS FRIEDEN GNÄDIGLICH HERR GOTT ZU UNSEREN ZEITEN“, Ton cis’’, gegossen 1953 bei Kurtz in Stuttgart, 231 kg, Durchmesser 72,3 cm. Sie läutet 1 Stunde vor Gottesdiensten und lädt zum Gottesdienst ein.

Die Kleinste: Inschrift „HERR GOTT, DICH LOBEN WIR“, Ton e’’, gegossen 1971 bei Bachert in Kochendorf, 161 kg, Durchmesser 64 cm. Sie läutet bei der Taufe.

Die Renovierungen

Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Kirche beschädigt. Das Geld war jedoch so knapp, dass erst 1761 eine Renovation durchgeführt werden konnte.

Im 19. Jahrhundert wurde die Orgel erneuert und eine Heizung eingebaut.

Laut Gemeinderatsprotokoll hat im Jahr 1838 ein geschäftstüchtiger Handelsmann aus Freudental der Gemeinde Kleinbottwar ihre acht Glasgemälde für Klarglasscheiben und 27 Gulden abgekauft. Von diesem Geld wurde die Kirche geweißt.

In der Chronik lesen wir: "Die Gemeinde führte einen dreifachen Hagelschlag in den Jahren 1839 und 1840 auf diese That zurück und gab später um so weniger ihren Altarschrank an einen Liebhaber ab. Bei dem Ausweißen wurde denn auch die Inschrift von 1500 über die Einweihung der Kirche zugeweißnet".

Zwischen 1912 und 1914 erlebte die Kirche eine gründliche Erneuerung. Damals wurde ein kleines Westwerk angebracht, das den Westgiebel vor Witterungsschäden schützen sollte. Von den Kleinbottwarern wurde dieser Vorbau sehr geliebt, von Kunsthistorikern verachtet, weil er gar nicht zur Gotik passte. Bei dieser Renovierung wurde ins Kirchenschiff eine Holzdecke, die in Kassetten eingeteilt ist, eingezogen. Die Balkenunterzüge sind mit den Seligpreisungen beschrieben. Die kleine Krypta, Grablege der Herrschaft wurde zugemauert. Eine Freitreppe, die von der Straße heraufführte wurde errichtet.

Grafenloge im Chor

 

An der Südseite des Chorraumes wurde 1913 eine Herrschaftsloge für die gräfliche Familie angebracht.

 

Bei der Renovierung des Chores 1973 - 1975 unter Pfarrer Straub wurde sie wieder ausgebaut.

 

Die Grafenloge wurde nach Schaubeck gebracht, wo sie sich wahrscheinlich noch befindet.

Bei der großen Renovation 1965 - 1966 unter Pfarrer Straub wurden sowohl Vorbau als auch Freitreppe wieder entfernt. Die äußeren Grabplatten wurden nach innen versetzt, an der Westfront wurde eine große Rosette eingesetzt.

Eine gründliche Renovierung des Chores folgte 1973. 

Die Renovierung 1997 - 1999

Eingerüstete Georgskiche mit Plakat::"Unsere Kirche braucht Ihre Hilfe".

1997 - 1999  fand unter Pfarrer Gerhold J. Knihs eine große Außen - und Innenrenovierung  der St.Georgskirche statt. Die Kleinbottwarer zeigten sich sehr spendenbereit, zudem konnten einige Zuschüsse bewilligt werden. Unter anderem wurde der Altar gereinigt und restauriert und die aus dem Jahr 1913 stammende Walcker Orgel auf der linken Seite der Empore ausgebaut, gründlich renoviert und in der Mitte der Empore wieder eingesetzt, sodass der Orgelprospekt nun von unten gut zu sehen ist. Die Gruft wurde geöffnet und Heimatpfleger Hans Dietl konnte wertvolle Exponate sicherstellen. Eine neue Heizung wurde eingebaut, Kanzel und Kirchenbänke in dezenten Farben gestrichen, im Kirchenschiff wurde eine neue Beleuchtung angebracht. So erstrahlte die Georgskirche zur 500-Jahrfeier in neuem Glanz.